Eigenmittel bestehen aus Basiseigenmitteln und ergänzenden Eigenmitteln. Basiseigenmittel setzen sich gemäß Artikel 88 der Solvency II-Richtlinie (EU-Richtlinie 2009/138/EG) aus dem Überschuss der Vermögenswerte über die Verbindlichkeiten und den nachrangigen Verbindlichkeiten zusammen. Ergänzende Eigenmittel gemäß Artikel 89 der Solvency II-Richtlinie sind Eigenmittel, die nicht zu den Basiseigenmitteln zählen und die zum Ausgleich von Verlusten eingefordert werden können. Ergänzende Eigenmittel müssen beantragt werden. Hinweise zum Antragsverfahren finden Sie hier.

Die Eigenmittel werden entsprechend ihrer Werthaltigkeit in drei Qualitätsklassen (Tiers) unterteilt. Die Kriterien der Zuordnung zu den Tiers sind im VAG zu finden. Diese werden in der delegierten Verordnung (EU) 2015/35 konkretisiert. Die delegierte Verordnung ist in Deutschland unmittelbar geltendes Recht. Dies hat zur Folge, dass bei der Beurteilung der Werthaltigkeit von Eigenmitteln in jedem Fall die Anforderungen der delegierten Verordnung heranzuziehen sind. Im VAG finden sich die Anforderungen an Tier 1 bis 3 in §§ 91 bis 93. Die Anforderungen der delegierten Verordnung an Tier 1 finden sich in den Artikeln 69 bis 71, die Anforderungen an Tier 2 in den Artikeln 72 bis 75 und die Anforderungen an Tier 3 finden sich in den Artikeln 76 bis 78 der delegierten Verordnung. Außerdem hat die Europäische Aufsichtsbehörde für Versicherungen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) noch Leitlinien zur Einstufung der Eigenmittel veröffentlicht (EIOPA-BoS-14/168 DE), deren Einhaltung die BaFin von den unter die Solvency II-Richtlinie fallenden Versicherungsunternehmen verlangt.

Für die Tiers gelten Anrechnungsgrenzen. Nicht alle verfügbaren Eigenmittel eines Versicherers sind deshalb notwendig anrechenbar, d. h. sind zur Anrechnung auf die Solvabilitätskapitalanforderung und die Mindestkapitalanforderung geeignet. Die Anforderungen an die Zusammensetzung der anrechenbaren Eigenmitteln finden sich in § 94 und § 95 des VAG. Dabei handelt es sich um die Umsetzung des Artikels 98 Absatz 1 und 2 der Solvency II-Richtlinie in deutsches Recht. Diese Anforderungen wurden auf Level 2 konkretisiert. Sie finden sich im Artikel 82 der delegierten Verordnung (EU) 2015/35. Die Grenzwerte der delegierten Verordnung sind somit für die Versicherer maßgeblich, die unter Solvency II fallen.

Wenn Nachrangdarlehen als Eigenmittel angerechnet werden sollen, so ist dies nicht genehmigungspflichtig. Dementsprechend gibt es hierfür kein Antragsverfahren.
Legt das Unternehmen der BaFin einen Darlehensvertrag vor, mit der Bitte um Einschätzung, ob der Vertrag als Eigenmittel anerkannt werden kann, so ist davon auszugehen, dass der Dialog mit der BaFin je nach Komplexität der Materie mehrere Monate in Anspruch nimmt. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass dies durchaus über einen Zeitraum von drei Monaten hinausgehen kann.

Nicht Solvency II-konforme Darlehen, die vor dem 18. Januar 2015 aufgenommen wurden, können grundsätzlich dann als Eigenmittel für eine maximale Übergangszeit von zehn Jahren nach dem 31.12.2015 angesetzt werden, wenn sie die Kriterien des § 53c Abs. 3a oder Abs. 3b des VAG in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung erfüllen.

Solvabilitätskapitalanforderung

Die unter die Anwendung von Solvency II fallenden Versicherer haben gemäß § 89 VAG stets über anrechnungsfähige Eigenmittel mindestens in Höhe der Solvabilitätskapitalanforderung zu verfügen.

Die Ermittlung der Solvabilitätskapitalanforderung wird in § 96 ff VAG geregelt. Diese entspricht nach § 97 VAG dem Value-at-Risk der Basiseigenmittel zu einem Konfidenzniveau von 99,5 % über einen Zeitraum von einem Jahr. Dies bedeutet, dass ein Versicherer, der über anrechnungsfähige Eigenmittel in Höhe der Solvabilitätskapitalanforderung verfügt, mit einer Wahrscheinlichkeit von wenigstens 99,5 % in der Lage ist, innerhalb des nächsten Jahres eintretende unerwartete Verluste auszugleichen.

Bei der Berechnung des SCR sollen alle wesentlichen quantifizierbaren Risiken, denen ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen ausgesetzt ist, berücksichtigt werden. Die Solvabilitätskapitalanforderung kann mit Hilfe einer Standardformel oder eines internen Modells ermittelt werden (§ 96 Abs. 1 VAG).

Standardformel

Wird die Solvabilitätskapitalanforderung mit der Standardformel berechnet, so setzt sie sich aus der Basissolvabilitätskapitalanforderung, der Kapitalanforderung für das operationelle Risiko und die Anpassung für die Verlustausgleichsfähigkeit der versicherungstechnischen Rückstellungen und latenten Steuern gemäß § 99 VAG zusammen.

Für die Zwecke der Bestimmung der Basissolvabilitätskapitalanforderung ist festgelegt, welche Risiken zu berücksichtigen sind. Die Berechnung umfasst einzelne Risikomodule, die anschließend aggregiert werden. Die Basissolvabilitätskapitalanforderung umfasst neben den versicherungstechnischen Risiken auch Marktrisiken sowie das Kreditrisiko. Die Begriffsbestimmungen zu diesen Risiken finden sich in § 7 Nummer 18, 20 und 32 VAG.

Eine Anpassung von Parametern der Standardformel durch Parameter, die für das betreffende Unternehmen spezifisch sind, ist für einzelne versicherungstechnische Risikomodule möglich, bedarf allerdings der vorherigen Genehmigung der Aufsichtsbehörde (unternehmensspezifische Parameter, § 109 VAG).

Internes Modell

Die Solvabilitätskapitalanforderung kann auch mit einem von der Aufsichtsbehörde genehmigten unternehmenseigenen internen Modell berechnet werden (§ 111 ff VAG). Wird ein internes Modell nicht für die Berechnung der gesamten Solvabilitätskapitalanforderung, sondern nur für einzelne Risikomodule oder Untermodele der Basissolvabilitätskapitalanforderung, das operationelle Risiko gemäß § 107 VAG oder die Anpassung für die Verlustausgleichsfähigkeit der versicherungstechnischen Rückstellungen und latenten Steuern nach § 108 VAG verwendet, handelt es sich um ein partielles internes Modell (§ 112 VAG). An die Verwendung eines unternehmenseigenen internen Modells knüpfen sich umfangreiche von den Versicherern zu erfüllende Anforderungen (§§ 111 ff VAG).

Mindestkapitalanforderung

Die unter die Anwendung von Solvency II fallenden Versicherer haben gemäß § 89 VAG stets über anrechnungsfähige Basiseigenmittel mindestens in Höhe der Mindestkapitalanforderung zu verfügen. Auf die Mindestkapitalanforderung anrechnungsfähig sind dabei nur Basiseigenmittel der Tiers 1 und 2.

Die Mindestkapitalanforderung entspricht nach § 122 VAG dem Betrag anrechnungsfähiger Basiseigenmittel, unterhalb dessen die Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigten bei einer Fortführung der Geschäftstätigkeit des Versicherers einem unannehmbaren Risikoniveau ausgesetzt sind. Deshalb hat es für einen Versicherer den Verlust der Geschäftsbetriebserlaubnis zur Folge, wenn seine Eigenmittel unter den Betrag der Mindestkapitalanforderung absinken und die Einhaltung der Mindestkapitalanforderung nicht kurzfristig wieder hergestellt werden kann. Die Höhe des Mindestbetrags der Mindestkapitalanforderung ist in der Kapitalausstattungsverordnung geregelt. Die Berechnungsformel ist in der delegierten Verordnung (EU) 2015/35 festgelegt.

Quelle: Solvency II