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Kündigung des Anwaltsvertrages

Kündigung des Anwaltsvertrages2018-01-21T11:07:43+01:00

Der Anwaltsvertrag ist ein Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat. Der Rechtsanwalt schuldet also eine Dienstleistung, nicht den Erfolg seiner Tätigkeit. Der Anwalt schuldet hiernach grundsätzlich lediglich seine Tätigkeit, nicht einmal ein Ergebnis eben dieser Tätigkeit. Anders kann dies zu beurteilen sein, wenn eine konkrete Einzelleistung Vertragsinhalt geworden ist, dann kann es sich auch um einen Werkvertrag handeln. Die Einordnung des Anwaltsvertrages als Dienst- oder Werkvertrag hat erhebliche Bedeutung zum Beispiel für die Frage der Kündigungsmöglichkeit bezüglich des bestehenden Vertrages und der Vergütungsansprüche des Rechtsanwaltes nach Kündigung des Vertrages.

Um welchen Vertragstyp es sich im konkreten Einzelfall handelt, richtet sich im Rahmen einer Gesamtschau danach, ob allgemein die anwaltliche Beratung, die Vertretung in einem außergerichtlichen oder gerichtlichen Streitverfahren Gegenstand des Vertrages ist oder dieser sich auf die Erbringung einer einzelnen Leistung beschränkt. Steht also der konkrete Erfolg als Leistungsgegenstand im Vordergrund, liegt ein Werkvertrag vor. Leistungen mit „klassischem´“ Werkvertragscharakter sind demnach die Erstellung eines Gutachtens, aber auch die Erteilung einer einmaligen Auskunft etwa im Rahmen einer Erstberatung.

Als Dienstvertrag sind dagegen die meisten anderen anwaltlichen Tätigkeiten von der Rechtsprechung eingestuft worden. Das Rechtsverhältnis zu einem Rechtsanwalt ist in der Regel als Vertrauensverhältnis zu qualifizieren, aus dem Dienste höherer Art geschuldet werden.

Die Kündigung des Anwaltsvertrages richtet sich also entweder nach den §§ 631 ff. BGB (Werkvertrag) oder nach den §§ 611 ff. BGB (Dienstvertrag).

§ 649 Kündigungsrecht des Bestellers (beim Werkvertrag)

Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Es wird vermutet, dass danach dem Unternehmer 5 vom Hundert der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen.

§ 627 Fristlose Kündigung bei Vertrauensstellung (beim Dienstvertrag)

(1) Bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 622 ist, ist die Kündigung auch ohne die in § 626 bezeichnete Voraussetzung zulässig, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten hat, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen.

(2) Der Verpflichtete darf nur in der Art kündigen, dass sich der Dienstberechtigte die Dienste anderweit beschaffen kann, es sei denn, dass ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt er ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er dem Dienstberechtigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

Aus den Entscheidungsgründen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Juni 2011 – I-24 U 193/10, 24 U 193/10 –, juris:

„Ob ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung eines langfristig geführten Mandatsverhältnisses vorliegt, kann in der Regel nicht an einem einzigen Ereignis festgemacht werden. Vielmehr ist die Mandatsbeziehung insgesamt in den Blick zu nehmen. So ist ein wichtiger Grund zur Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses nur dann gegeben, wenn aufgrund feststehender Tatsachen dem kündigenden Teil die Fortsetzung des Vertrages bis zu dessen vereinbarter Beendigung nicht zugemutet werden kann (vgl. BGH NJW 1981, 1264; 1993, 463). Übertragen auf das an sich jederzeit gemäß § 627 BGB kündbare Mandatsverhältnis bedeutet das, dass der Rechtsanwalt es honorarunschädlich dann sofort niederlegen kann, wenn Tatsachen vorliegen, die es ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar machen, es bis zu dessen sachlicher Erledigung (Auftragserfüllung) fortzuführen (Senat OLGR Düsseldorf 2007, 325; MünchKomm/Henssler, BGB, 5. Aufl. [2009], § 628 Rn. 18 m.w.Nachw.).“

Bezogen auf den konkreten Einzelfall der Mandatskündigung durch die Mandantin wegen schleppender Bearbeitung führte das Gericht weiter aus:

Mit Blick auf die schleppende Behandlung des Falles, insbesondere hinsichtlich der Durchsetzung des Schmerzensgeldanspruchs, die unterbliebene Geltendmachung einer (hier evident möglichen) namhaften Abschlagszahlung auf das Schmerzensgeld und schließlich die nach vorheriger Abmahnung am 26. Februar 2009 offensichtlich erneut schuldhaft unterbliebene unverzügliche Umsetzung des im Mandantengespräch von Anfang Januar 2009 erzielten Einvernehmens über die Höhe des geltend zu machenden Schmerzensgeldes, wäre die Beklagte (spätestens) am 30. März 2009 berechtigt gewesen, das Mandat aus wichtigem Grunde zu kündigen. Dass sie davon – offensichtlich wegen eines Rechtsirrtums – Abstand genommen hatte und sich darauf beschränkte, die Fachkompetenz des Rechtsanwalts in Zweifel zu ziehen und ihren Gefühlen in zugegebenermaßen heftiger Weise Ausdruck zu verleihen, war vor dem Hintergrund des Geschehens zumindest verständlich (vgl. Senat OLGR 2009, 253). Der Rechtsanwalt hatte deshalb keine hinreichende Veranlassung, das Mandat nun seinerseits fristlos zu kündigen. Vielmehr wäre es angebracht gewesen, nun das lange versprochene Anspruchsschreiben zu fertigen und an die Haftpflichtversicherung zu versenden. Dass dem sachliche Gründe aus der Risikosphäre der Beklagten entgegengestanden hätten, behauptet der Kläger selbst nicht und kann auch sonst nicht festgestellt werden. Alternativ hätte der Rechtsanwalt unter ausdrücklichem Verzicht auf das bis dahin verdiente Honorar das Mandat niederlegen müssen.“

Wann eine sog. zur (honorarunschädlichen) außerordentlichen Kündigung des bestehenden Anwaltsvertrages berechtigende schleppende Bearbeitung anzunehmen ist, ist Einzelfallauslegung durch die Gerichte. Jedenfalls dürfte einer solchen Kündigung stets eine qualifizierte Erinnerung des Rechtsanwalts durch den Mandanten nebst entsprechender Fristsetzung vorausgehen müssen, um nicht Gefahr zu laufen, doppelte Gebühren bezahlen zu müssen.

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Birgit OehlmannRechtsanwältin
  • Fachanwältin für Erbrecht
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Thomas HansenRechtsanwalt
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