Nachfolgend ein Beitrag vom 6.6.2017 von Steinhauff, jurisPR-SteuerR 23/2017 Anm. 3

Leitsatz

Wurde in einem Versicherungsvertretervertrag vereinbart, dass eine mit Beiträgen des Versicherungsunternehmens aufgebaute Alters- und Hinterbliebenenversorgung (Lebensversicherung) auf den Ausgleichsanspruch nach § 89b Abs. 1, Abs. 5 HGB angerechnet werden soll, richtet sich die steuerrechtliche Behandlung einer Kapitalzahlung, die aufgrund des Lebensversicherungsvertrags nach Erreichen der Altersgrenze geleistet wird, nach den für die Einkünfte aus Kapitalvermögen geltenden Vorschriften. Der Umstand, dass die Kapitalzahlung an die Stelle des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB tritt, rechtfertigt es nicht, sie den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzuordnen.

A. Problemstellung

In Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und dem Schrifttum ist die auf einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB eines Versicherungsvertreters anzurechnenden Kapitalzahlungen aus Lebensversicherungen den Einkünften aus Kapitalvermögen und nicht den gewerblichen Einkünften zuzurechnen.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Kläger betrieb seit Januar 1981 eine selbstständige Versicherungsagentur, für die er den Gewinn durch Bestandsvergleich ermittelte (§§ 4 Abs. 1, 5 EStG). Er war für die X- und Y-Versicherung tätig. Nach dem Inhalt der Vertreterverträge sollte der Kläger u.a. eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung erhalten. Diese sollte durch zwei Lebensversicherungsverträge sichergestellt werden, die im Todesfall oder bei Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren eine Kapitalzahlung vorsahen. In einem Zusatz vom 05.01.1981 zu den Vertreterverträgen erklärte der Kläger, dass ein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB aus Billigkeitsgründen insoweit nicht entstehen sollte, als er Leistungen aus der Alters- und Hinterbliebenenversorgung schon erhalten oder noch zu erwarten habe. Es sollte der aus den Beiträgen der beiden Versicherungsunternehmen aufgebaute Teil der Leistungen (Kapitalwert) aus der Alters- und Hinterbliebenenversorgung angerechnet werden. Weiterhin erklärte der Kläger, dass für den Fall, dass aufgrund einer Rechtsprechungs- oder Gesetzesänderung die Versorgung nicht bei der Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs zu berücksichtigen sein sollte, die Versorgungszusage insoweit entfallen sollte. In der Folgezeit erbrachten die beiden Versicherungsgesellschaften und der Kläger Beitragszahlungen; erstere erfasste der Kläger als Betriebseinnahmen.
2007 gab der Kläger seine berufliche Tätigkeit nach dem Erreichen der Altersgrenze auf. In der Einkommensteuererklärung für 2007 erklärten die Kläger laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 36.034 Euro und einen Aufgabegewinn von 6.922 Euro. Den laufenden Gewinn gab der Kläger auch in seiner Gewerbesteuererklärung an. Die Versicherungsunternehmen erteilten dem Kläger über dessen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB zum 30.06.2007 folgende Abrechnung:

Anspruch für Bestand I 110.592 Euro

Anspruch für Bestand II 7.768 Euro

abzüglich anzurechnender Leistung aus der Altersversorgung 114.297 Euro

Ausgleichsanspruch 4.063 Euro.

Anlässlich einer in den Jahren 2011/2012 durchgeführte Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, die Zahlungen aus den Lebensversicherungsverträgen seien steuerrechtlich als Ausgleichszahlung nach § 89b HGB zu behandeln, weshalb laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 118.360 Euro anzusetzen und mithin eine Gewerbesteuerrückstellung von 17.395 Euro gewinnmindernd zu berücksichtigen seien. Außerdem wurde eine Rückstellung von 9.459 Euro für Prüfungs- und Abschlussgebühren beanstandet.
Die gegen die entsprechend geänderten Steuerbescheide gerichteten Einsprüche hatten zum Teil Erfolg. Das Finanzamt ermittelte die Höhe des Ausgleichsanspruchs nunmehr in der Weise, dass es von den Rückkaufwerten der Lebensversicherungen von 154.811,13 Euro die von den beiden Versicherungsunternehmen sowie vom Kläger geleisteten Beiträge von insgesamt 77.245,47 Euro abzog und den Differenzbetrag von 77.565,66 Euro der Besteuerung unterwarf. Die Höhe der Gewerbesteuerrückstellung korrigierte es nicht. Die Rückstellung für Prüfungsgebühren erkannte es weiterhin nicht an. In den Einspruchsentscheidungen setzte das Finanzamt die Einkommensteuer auf 20.420 Euro und den Gewerbesteuermessbetrag auf 2.930 Euro herab.
Das FG Hannover (Urt. v. 10.04.2014 – 10 K 243/12 – EFG 2014, 1310) gab der Klage weitgehend statt. Es war der Ansicht, die Zahlungen aus den Lebensversicherungen seien nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2002 i.V.m. § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG 2002 i.d.F. des Streitjahres 2007 (nunmehr § 52 Abs. 28 Satz 5 EStG) als Kapitaleinkünfte zu erfassen, da es sich um Lebensversicherungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2002 i.d.F. des Jahres 2004 handele, die von der Besteuerung ausgenommen seien. Auch lägen keine laufenden oder nachträglichen Betriebseinnahmen nach § 24 Nr. 2 EStG vor. Die Zahlungen seien auch keine Entschädigungen. Denn § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG erfasse keine zurückgezahlten Einnahmen. Ein Ausgleichsanspruch sei lediglich i.H.v. 4.063 Euro entstanden. Das Finanzgericht wies die Klage hinsichtlich der Rückstellung von 9.459 Euro für Abschluss- und Prüfungsgebühren ab, weil die entsprechenden Ansprüche zivilrechtlich verjährt seien. Die Revision des Finanzamts führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Finanzgericht. Der BFH führte zur Begründung aus:
Das Finanzgericht habe zutreffend entschieden, dass die Zahlungen, die der Kläger von den beiden Versicherungsunternehmen erhalten habe, entsprechend der erteilten Abrechnung nur i.H.v. 4.063 Euro zu seinen Einkünften aus Gewerbebetrieb gehörten. Ebenfalls zu Recht habe es angenommen, dass die darüber hinausgehenden Zahlungen steuerfreie Lebensversicherungsleistungen seien. Dies gelte auch insoweit, als die Zahlungen die von den Versicherungsgesellschaften und vom Kläger erbrachten Beiträge überstiegen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 i.V.m. § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG 2007). Rechtsfehlerhaft habe es indes die Gewerbesteuerrückstellung von 17.395 Euro nicht beanstandet.
I. Der Kläger habe als Versicherungsvertreter Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) erzielt. Zu diesen Einkünften gehörten auch Ausgleichszahlungen nach § 89b Abs. 1 HGB, die ein Versicherungsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhalte (§ 24 Nr. 1 Buchst. c EStG). Die Höhe dieser Ausgleichszahlung belaufe sich auf 4.063 Euro. Die darüber hinausgehenden Zahlungen, welche die beiden Versicherungsunternehmen aufgrund der Lebensversicherungsverträge geleistet haben, seien nicht zur Erfüllung eines Ausgleichsanspruchs des Klägers geleistet worden, weshalb kein weiterer Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB in der Aufgabebilanz des Klägers zu aktivieren sei.
II. Nach § 89b Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 HGB habe ein Versicherungsvertreter nach Beendigung eines Vertragsverhältnisses im Hinblick auf die von ihm vermittelten und erweiterten Versicherungsverträge einen Ausgleichsanspruch. Die Zahlung eines Ausgleichs müsse unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entsprechen (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 HGB i.d.F. des Streitjahres 2007); er könne gemäß § 89b Abs. 4 Satz 1 HGB nicht im Voraus ausgeschlossen werden.
§ 89b HGB verbiete nicht nur im Voraus getroffene Abreden, durch die der Ausgleichsanspruch ganz ausgeschlossen, sondern auch solche, durch die er im Ergebnis mehr oder weniger eingeschränkt werde (BGH, Urt. v. 30.12.1970 – VII ZR 141/68 Rn. 14 – BGHZ 55, 124; BGH, Urt. v. 29.03.1990 – I ZR 2/89 Rn. 14 – NJW 1990, 2889). Die Frage, ob eine mit Mitteln des Unternehmers aufgebrachte Altersversorgung bei der Bemessung des Ausgleichs nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB aus Billigkeitsgründen zu berücksichtigen sei, könne nicht allgemein, sondern nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls beantwortet werden (BGH, Urt. v. 20.11.2002 – VIII ZR 146/01 – BGHZ 153, 6). Allerdings würden nachträglich getroffene Vereinbarungen über eine Anrechnung einer Altersversorgung auf den Ausgleichsanspruch vom Schutzzweck des § 89b Abs. 4 HGB nicht erfasst (BGH, Urt. v. 08.05.2014 – VII ZR 282/12 – DB 2014, 1425 m.w.N.; Anm. Emde, BB 2015, 1667).
Nach diesen Rechtsgrundsätzen könne es dahinstehen, ob, wie das Finanzgericht meint, der Vertragszusatz vom 05.01.1981 dazu führe, dass ein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB von vornherein nicht entstanden sei, soweit er die Ansprüche des Klägers aus der Altersversorgung übersteige. Denn aus der tatsächlichen Abwicklung des Vertretervertrags sei zu ersehen, dass beide Vertragsparteien übereinstimmend der Ansicht gewesen seien, dem Kläger habe kein den Betrag von 4.063 Euro übersteigender Ausgleichsanspruch zustehen sollen.
III. Der Anspruch des Klägers auf die Altersversorgung sei steuerrechtlich als solcher zu behandeln und könne auch nicht allein deshalb, weil er im Wesentlichen an die Stelle des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB getreten sei, den Einkünften aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG zugerechnet werden.
Der Surrogationscharakter der Altersversorgung führe nicht dazu, dass die entsprechenden Ansprüche des Klägers dem Betriebsvermögen zuzuordnen seien. Die von den beiden Versicherungsgesellschaften geleisteten Beiträge zur Altersversorgung seien eine Gegenleistung für die Tätigkeit des Klägers als Versicherungsvertreter gewesen und von ihm als Betriebseinnahmen erfasst worden. Dies habe jedoch nicht zur Folge, dass die Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen deshalb dem Betriebs- und nicht dem Privatvermögen des Klägers zuzuordnen seien. Denn für die Frage der Zuordnung sei vielmehr grundsätzlich auf die Natur des versicherten Risikos abzustellen (BFH, Urt. v. 03.03.2011 – IV R 45/08 Rn. 21 – BStBl II 2011, 552; Blümich/Wied, EStG, § 4 Rn. 396). Der Abschluss einer Lebensversicherung sei in der Regel privat veranlasst, so dass Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag grundsätzlich zum Privatvermögen gehörten (BFH, Urt. v. 03.03.2011 – IV R 45/08). Der Anspruch aus einer Lebensversicherung könne ausnahmsweise zum Betriebsvermögen gehören, wenn ein Steuerpflichtiger aus betrieblichem Anlass einen Lebensversicherungsvertrag zugunsten eines Dritten abschließe (vgl. Blümich/Wied, EStG, § 4 Rn. 399 m.w.N.).
Im Streitfall sei der Abschluss der Lebensversicherungsverträge zwar aus der Sicht der Versicherungsunternehmen betrieblich veranlasst, nicht jedoch aus der Sicht des Klägers. Die Zahlung von Beiträgen durch die beiden Versicherungsunternehmen ändere nichts am „privaten“ Charakter der Alters- und Hinterbliebenenversorgung.
IV. Die die Beitragsleistungen übersteigenden Beträge, welche der Kläger aufgrund der Lebensversicherungsverträge ausgezahlt erhalten habe, seien auch keine Einkünfte aus einer ehemaligen gewerblichen Tätigkeit i.S.d. § 24 Abs. 2 EStG i.V.m. § 15 EStG.
Der Zuordnung zu den Kapitaleinkünften stehe das BFH-Urteil vom 25.03.1976 (IV R 174/73 – BStBl II 1976, 487) nicht entgegen. Die Rentenzahlungen an die Witwe seien in jenem Fall eine nachträglich erbrachte Gegenleistung für eine frühere gewerbliche Tätigkeit und aus diesem Grund weiterhin den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzuordnen gewesen.
Im Gegensatz hierzu seien im Streitfall die Beitragszahlungen der Versicherungsgesellschaften eine laufende Gegenleistung für die gewerbliche Tätigkeit des Klägers. Indes sei der Zinsanteil, der in den nach Ablauf der Vertragslaufzeit erfolgten Auszahlungsbeträgen enthalten sei, Gegenleistung für die Kapitalüberlassung. Steuerrechtlich seien die Zinsen somit dem Grunde nach den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen.
V. Die von den beiden Versicherungsunternehmen aufgrund der Alters- und Hinterbliebenenversorgung geleisteten Zahlungen seien nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 steuerfrei. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG 2004 gehörten außerrechnungsmäßige und rechnungsmäßige Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten seien, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Dies gelte nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 nicht für Zinsen aus Versicherungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2004, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Vertrags nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt würden. Die Fassung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 sei im Streitfall anzuwenden, da die Versicherungsverträge, aus denen die Kapitalerträge stammten, vor dem 01.01.2005 abgeschlossen worden seien (§ 52 Abs. 36 Satz 5 EStG 2007).
Für die Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 sei entscheidend, dass der betreffende Versicherungsvertrag generell zu den nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2004 begünstigten Vertragstypen gehöre. Die Steuerbefreiung in § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 für Zinsen aus Versicherungen sei nicht an die weiteren Voraussetzungen des Sonderausgabenabzugs für die Versicherungsbeiträge geknüpft (BFH, Urt. v. 01.03.2005 – VIII R 47/01 – BStBl II 2006, 365).
Nach den Feststellungen des Finanzgerichts erfüllten die Lebensversicherungsverträge die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. dd EStG 2004. Die Zahlungen, die der Kläger aufgrund der Verträge erhalten habe, seien somit auch insoweit steuerfrei, als sie die von den Versicherungsunternehmen und vom Kläger geleisteten Beträge überstiegen.
VI. Nur i.H.v. 4.063 Euro bestehe ein Ausgleichsanspruch des Klägers nach § 89b HGB, der zu laufenden Einkünften aus Gewerbebetrieb gemäß den §§ 15 i.V.m. 24 Nr. 1 Buchst. c, 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG führe, die nach § 7 Satz 1 GewStG auch gewerbesteuerrechtlich zu erfassen gewesen sei (BFH, Urt. v. 09.02.2011 – IV R 37/08 – BFH/NV 2011, 1120; BFH, Beschl. v. 09.03.2016 – X B 142/15 Rn. 13 – BFH/NV 2016, 1030).
Da die Gewerbesteuer im Streitjahr 2007 noch als Betriebsausgabe abziehbar gewesen sei, sei dem Grunde nach eine Gewerbesteuerrückstellung anzusetzen. Die Rückstellung von 17.395 Euro, welche das Finanzamt aufgrund der Außenprüfung im Hinblick auf einen als laufenden gewerblichen Gewinn zu erfassenden Ausgleichsanspruch von 118.360 Euro gebildet gehabt habe, sei allerdings überhöht. Das Finanzgericht habe sie zu Unrecht unbeanstandet gelassen.
Die Streitsache werde an das Finanzgericht zurückverwiesen, um entsprechende Feststellungen zur zutreffenden Höhe der Gewerbesteuerrückstellung treffen zu können, um sodann auf dieser Grundlage die Einkommensteuer und den Gewerbesteuermessbetrag selbst zu errechnen.

C. Kontext der Entscheidung

I. Ob Ansprüche und Verpflichtungen aus einem Versicherungsvertrag zum Betriebsvermögen gehören, beurteilt sich nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich nach der Natur des versicherten Risikos. Bezieht sich die Versicherung auf ein betriebliches Risiko, so sind Ansprüche hieraus dem Betriebsvermögen zuzuordnen. Ist hingegen ein außerbetriebliches Risiko versichert, gehören sie zum Privatvermögen (z.B. BFH, Urt. v. 21.05.1987 – IV R 80/85 – BStBl II 1987, 710; BFH, Urt. v. 19.05.2009 – VIII R 6/07 – BStBl II 2010, 168; Anm. Steinhauff, jurisPR-SteuerR 41/2009 Anm. 1).
Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall eines (Mit-)Unternehmers oder seiner Angehörigen sind danach selbst dann privat veranlasst, wenn sie der Absicherung und/oder Tilgung betrieblicher Kredite dienen (vgl. z.B. BFH, Urt. v. 10.04.1990 – VIII R 63/88 – BStBl II 1990, 1017; BFH, Urt. v. 14.03.1996 – IV R 14/95 – BStBl II 1997, 343). Schließt ein Unternehmen hingegen einen Versicherungsvertrag auf das Leben oder den Tod eines fremden Dritten ab, beispielsweise eines Arbeitnehmers oder Geschäftspartners, und ist Bezugsberechtigter nicht der Dritte, sondern das Unternehmen, so kann ein betriebliches Risiko versichert sein. In diesem Fall dienen die persönlichen Umstände des Versicherten lediglich als Bemessungsgrundlage für die Höhe der Versicherungsprämie und für den Eintritt des Versicherungsfalls. Diese Abgrenzung entspricht dem Grundsatz, dass Kosten der Lebensführung i.S.d. § 12 Nr. 1 EStG nur Aufwendungen für die privaten Bedürfnisse des Steuerpflichtigen selbst und seiner Angehörigen sind (BFH, Urt. v. 14.03.1996 – IV R 14/95).
II. Wie der BFH bereits im seinem Urteil vom 14.03.1996 (IV R 14/95) erkannt hat, kann die Veranlassung des Abschlusses einer Versicherung nicht stets (allein) aus der Natur des versicherten Risikos hergeleitet werden. Vielmehr können sich unter den besonderen Umständen des Einzelfalls auch andere Gesichtspunkte ergeben, aus denen sich die Bestimmung der Veranlassung ergeben kann (BFH, Urt. v. 03.03.2011 – IV R 45/08).
III. Nach gefestigter Rechtsprechung des BFH handelt es sich bei dem Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB um eine Forderung. Deren Entstehung ist (auch) einkommensteuerrechtlich dem laufenden Gewinn und nicht dem Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn zuzuordnen: Dies gilt auch dann, wenn die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs des Handelsvertreters zusammenfällt (vgl. z.B. BFH, Urt. v. 14.10.1980 – VIII R 184/78 – BStBl II 1981, 97; BFH, Urt. v. 25.07.1990 – X R 111/88 – BStBl II 1991, 218; im Zusammenhang mit der Bestimmung des Gewerbeertrags nach § 7 GewStG gleichfalls für laufenden Gewinn z.B. BFH, Urt. v. 24.11.1982 – I R 60/79 – BStBl II 1983, 243; BFH, Urt. v. 26.11.2009 – III R 110/07 – BFH/NV 2010, 1304 m.w.N.; BFH, Beschl. v. 17.03.2009 – X B 225/08 – BFH/NV 2009, 967; kritisch für die Gewerbesteuer Blümich/von Twickel, § 7 GewStG Rn. 158).
Dieser Rechtsauffassung liegt im Wesentlichen die Vorstellung zugrunde, dass es sich bei dem Ausgleichsanspruch um einen Anspruch handelt, der seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Natur nach einen zusätzlichen gesetzlichen Vergütungsanspruch des Handelsvertreters für die vor Vertragsende geleisteten und nach Vertragsende fortwirkenden Dienste darstellt und der unmittelbar aus dem Handelsvertreterverhältnis folgt und keinen besonderen Willensentschluss voraussetzt, wie ihn die Aufgabe einer Tätigkeit oder eines Gewerbebetriebs erfordert (vgl. BFH, Urt. v. 09.02.2011 – IV R 37/08 – BFH/NV 2011, 1120; BFH, Urt. v. 10.07.1973 – VIII R 228/72 – BStBl II 1973, 775; BFH, Beschl. v. 17.03.2009 – X B 225/08).

D. Auswirkungen für die Praxis

I. Der BFH folgt der Zivilrechtsprechung zu § 89b Abs. 4 Satz 1 HGB, wonach vor Ablauf des Handelsvertretervertrages Vereinbarungen, durch die der Ausgleichsanspruch eingeschränkt oder ausgeschlossen wird, grundsätzlich nicht wirksam getroffen werden können. Sowohl zur steuerrechtlichen Zuordnung von Lebensversicherungsverträgen nach Maßgabe des versicherten Risikos und zur Steuerfreiheit von Leistungen aus vor 2004 abgeschlossenen Verträgen folgt der BFH der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
II. Für alle nach dem 31.12.2004 abgeschlossenen Verträge sind die neuen Regelungen des AlteinkG maßgebend. Der § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG n.F. bestimmt nunmehr die generelle Besteuerung von Versicherungsleistungen (Näheres vgl. BMF, Schreiben v. 22.12.2005 – BStBl I 2006, 92, zur Neuregelung der Besteuerung von Erträgen aus nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG steuerpflichtigen Versicherungen durch das AlteinkG).